Die Welt ist verrückt geworden, das ist nichts Neues. Wir wissen es und wir leben darin und jeder versucht das Beste für sich draus zu machen.
Vorhin bin ich über irgendwelche Wege im Internet – ihr kennt das sicher – auf Eric aus St. Gallen gestoßen und u.a. über diesen Beitrag von ihm: Schweiz gibt Reisewarnung für Deutschland heraus.
Wie strange ist das dennn?! Hier die offizielle Seite des Eidegenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten EDA mit der Warnung.
Wie ihr euch denken könnt, bin ich natürlich persönlich berührt von solchen Meldungen.
Es ist ein Phänomen, das mir immer mal wieder bewusst wird: Je länger ich in der Schweiz lebe, umso mehr neige ich dazu, manches aus Schweizer Sicht zu sehen. Ein natürlicher Vorgang einerseits. Irritierend andererseits. Denn wenn man beginnt, mit den Augen eines anderen Landes auf sein eigenes Heimatland zu blicken, dann kann sich das recht seltsam anfühlen.
Nun bin ich zwar aus München, dort geboren und hab die meiste Zeit meines Lebens im Umfeld dieser Großstadt gelebt. Aber meine väterlichen Wurzeln sind in Sachsen und mein Opa hat so richtig gesächselt. Ich war selbst nie dort und um ehrlich zu sein, vermisse ich das gerade so gar nicht 😦
1. September 2018 at 15:02
Hallo Marion,
ich glaube, dass ich noch nicht lange genug hier bin, um Deutschland aus amerikanischer Sicht zu sehen. Ich fuehle mich (noch) nicht als Amerikaner. Und ob ich Dutschland aus der Distanz und Amerika aus der Naehe anders sehe als frueher? Ich weiss es nicht. Bei Amerika vielleicht doch. Auch wenn ich frueher schon, bedingt durch meinen Beruf als Englischleher, der es mit sich brachte, auch Amerika-Landeskunde zu unterrichten, ziemlich viel ueber Amerika und seine Probleme wusste, so bekomme ich doch jetzt, wo ich hier lebe und tagtaeglich damit konfrontiert werde, einen wesentlich tieferen Einblick, in die Probleme, die Natur und den Charakter Menschen, und in die Schoenheit dieses Landes.
Liebe Gruesse, und hab/ ein feines Wochenende,
Pit
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1. September 2018 at 15:53
Hallo Pit,
ich glaube dass du mental undurchdringlicher bist und tendenziell gedanklich wie der Schuster bei deinen Leisten bleibst.
Weil dass du noch nicht lange genug dort bist, erscheint mir eher unwahrscheinlich. Denke du bist länger in den USA als ich in der CH (2012)?!
Ein wesentlicher Unterschied ist vielleicht noch, dass ich hier in der Arbeit immer mit Schweizern sehr nah zusammen bin und auch dauernd mit Kunden zu tun habe. Und dann kommen noch die persönlichen Beziehungen im Land dazu, je nachdem wie man die pflegt, inwieweit man Einsicht nimmt in die Andersartigkeit von Kultur und Ansichten.
Natürlich ist der Einblick, den man in ein Land bekommt, beim drin Leben vertieft. Als Reisender kann man den nicht haben und da drin liegen ja auch Bereicherung, Horizonterweiterung und Schönheit, ein Land auf diese Weise von innen heraus kennen zu lernen.
Habs gut!
Marion
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1. September 2018 at 15:55
„ich glaube dass du mental undurchdringlicher bist und tendenziell gedanklich wie der Schuster bei deinen Leisten bleibst“ – da mah was dran sein.
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1. September 2018 at 16:12
Liebe Marion, gerade habe ich deinen Post über deine heimatlichen Gefühle gelesen und darüber nachgedacht. Meine Frau und ich sind nun schon seit über 50 Jahre in Kanada. Unsere Einstellung gegenüber Deutschland hat sich in dieser langen Zeit nicht viel geändert. Doch wir selbst sind in dem Prozess der Anpassung an all den schönen Dingen, die Kanada zu bieten hat, geprägt wurden. Hier sind nur ein paar wenige Beispiele: die Weite des Landes, die allgemeine Toleranz der Menschen gegenüber allem Fremden (Kanada ist ein Land der Einwanderer), das völlige Fehlen von Standesdünkel etc. Ich habe auch den Kommentar von Pit gelesen, der auch eine interessante Perspektive über unsere gemeinsame Heimat Deutschland hat. Nun wünsche ich dir noch ein schönes Wochenende
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1. September 2018 at 19:11
Lieber Peter,
ich weiß nicht genau was ich mir unter „unsere Einstellung gegenüber Deutschland hat sich in dieser langen Zeit nicht viel geändert“ praktisch vorstellen soll.
Berührt euch, was in Deutschland passiert? Fühlt ihr euch berührt davon, dass Privatleute vor drei Jahren auf den Münchner Hbf. gegangen sind und Flüchtlinge willkommen geheißen haben? Fühlt ihr euch berührt davon, was dieser Tage in Chemnitz passiert ist?
Oder ist das weit weg für euch, ihr fühlt euch immer noch als Deutsche, die aber jetzt eben in einem Land leben, in dem sie sich wohl fühlen und bleiben werden?
„Das völlige Fehlen von Standesdünkel“ klingt für mich sehr sehr angenehm.
Wie ist euer Bezug zu Deutschland in all den Jahren in Kanada gewesen, wie oft wart ihr da, habt ihr da noch verwandtschaftlichen Bezug, kommt ihr zu Besuch und ist dieses Umfeld das Stück Heimat, dem ihr euch verbunden fühlt und nicht das Land und seine Politik an sich?
Danke für die guten Wünsche. Hab du auch ein schönes Wochenende.
Liebe Grüße
Marion
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1. September 2018 at 20:51
Es ist schwer, alle unsere Gedanken in einem kurzen Paragraph wiederzugeben. Also meine Frau und ich fühlen uns als Kanadier, haben auch schon lange die kanadische Staatsbürgerschaft angenommen, aber lieben unsere alte Heimat (so wie sie einmal war den 60iger Jahren) und fühlen uns in dem Sinne noch mit ihr verbunden. Doch sind wir wirklich zu weit weg vom Schuss, wenn es sich um Nachrichten aus Chemnitz oder sonst wo von Deutschland handelt. Da machen wir uns eher Sorgen, was sich zur Zeit in den Staaten abspielt. Ich war seit meiner Auswanderung drei oder viermal in Deutschland mit dem Schwerpunkt auf die immer kleiner werdenden Familie. Liebe Grüße aus dem fernen Westen Kanadas!
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2. September 2018 at 13:26
Lieber Peter,
natürlich kann man nicht alles in einen Kommentar packen, dazu ist das Thema zu umfassend. Trotzdem sagt mir deine Antwort schon viel mehr als die vorherige.
Ihr fühlt euch als Kanadier, klare Aussage.
Ihr liebt eure Heimat so, wie sie in den 60igern einmal war, alles andere ist zu weit weg, okay.
Die Staaten sind euch näher und das was sich dort abspielt, verstehe.
Das ist nicht gerade häufig, drei oder vier D-Besuche seit über 50 Jahren.
Also es kommt bei mir so an, dass ihr zwar in D geboren worden seid und es daher als Heimat in eurer Seele tragt, aber auf eine Weise fest verwachsen seid mit Kanada und euch auch als Einwohner dieses Landes damit identifiziert, was nach so langer Zeit sicher nicht verwunderlich ist.
Danke dir sehr für diesen Einblick.
Liebe Grüße
Marion
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3. September 2018 at 5:27
Marion, das hast du alles gut zusammengefasst. Vielen Dank!
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3. September 2018 at 7:51
Ich danke DIR, Peter. Es war mir wichtig, genau zu verstehen, wie ihr das wahrnehmt.
Liebe Grüße 🙂
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5. September 2018 at 12:46
Das Thema Strange das Marion hier anspricht, ist aktuell und spannend. Nachdem ich eure Zwiegespräche mit viel Interesse gelesen habe, möchte ich als Schweizer, der europäisch denkt und sehr offen ist, mich auch noch äussern. Ich lebe nicht im Ausland, war aber 15 Monate in vielen Ländern im Nahen, Mittleren und fernen Osten unterwegs und arbeitete 1 Jahr lang in Salzburg Ö, weiss also auch um was es geht. Ich glaube auch wenn man sich sehr gut assimiliert, behält man sein Heimatland im Herzen. Wahrscheinlich verklärt die Zeit, je länger man wegbleibt die Bindung. Aber das ist ja auch sonst bei Erinnerungen der Fall.
Ich verfolge die deutsche Politik seit vielen Jahren, weil sie offen und kritisch gelebt wird im Gegensatz zur Schweiz, die meiner Meinung nach kein Musterland mehr ist. Mich belasten die Vorfälle in Chemnitz ebenfalls sehr, weil Deutschland der eigentliche Motor und Antrieb für die EU ist. Diese bürgt für Frieden und darf nicht auseinander fallen. Ich finde, die Politik sollte gegen die Rechtsextremen viel härter vorgehen. Liebe Grüsse Ernst 🙂
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5. September 2018 at 20:47
Vielen herzlichen Dank, Ernst, für deinen hoch geschätzten Kommentar!
Das mit der Verklärung mit der Zeitdauer…, da könnte was dran sein. Jedes Mal wenn ich daran denke, wie es wäre, wieder in D zu leben, fallen mir aber auch gleich alle „Härten“ ein, die das mit sich bringen würde. Insofern bin ich ganz froh, wenn ich nicht einfach nur verkläre.
Warum die Politik so wenig gegen Rechtsextreme vorgeht… Vor Jahren hab ich mal in einer TV-Reportage den Hinweis gehört, der mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht, nämlich dass die Würdenträger wie z.B. Polizei selbst ziemlich mit in die rechte Szene verstrickt sind. Das würde einiges erklären!
Wir werden sehen, wie sich die Dinge weiter entwickeln…
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